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Baden-Powell in Österreich
(aus der Zeitschrift "Unser Ziel" vom Februar 1948, verfasst von DCC Ing. Adolf Klarer)

Unser Ziel 1948

 

Nach der Beschreibung der ersten 3 Besuche in Österreich folgt der Bericht über BiPis Aufenthalt während der Konferenz.

 

Ganz aber gehörte Lord Baden-Powell den Österreichern, als 1931 in Baden bei Wien die 6. Internationale Pfadfinderkonferenz stattfand. Dabei hatte ich das Glück, ihn im Auftrage Lady Baden-Powells betreuen zu dürfen, weil sein steter Begleiter, Camp-Chief J. S. W i l s o n, durch Gilwellkurse davon abgehalten war. Schon am Bahnhof in Wien erzählte er begeistert von der Fahrt durch das Gesäuse und rühmte die Schönheit der österreichischen Landschaft, von der er immer wieder sprach, wenn ich ihn in späteren Jahren erneut traf.

In Baden angekommen und eingerichtet, eilte er in den Garten zum Tisch, an dem ich mit Mr. Hubert M a r t i n, dem ersten Direktor des Internationalen Pfadfinderbüros saß. Lachend frug er: "Trinkt Ihr Bier?" "Ja, ein helles Bier." Und er darauf: "Kellner, bitte bringen Sie mir auch so ein hell-beer."

Als die Konferenzteilnehmer an ihrem freien Tag zur Rax fuhren, überließ er sie ihrem Schicksal und fuhr zum Forellenfang. Abends kam er mit fünf mageren Fischlein zurück und war überglücklich. Lady Baden-Powell, die immer behauptete, dass er nichts finge, war nun ins Unrecht gesetzt.

Beim Bankett, das die österreichische Regierung zu Ehren der Delegierten aus aller Welt gab, sah Baden-Powell, wenn es irgend möglich war, immer wieder zur Musikkapelle hin, bis er plötzlich sagte: "Ich liebe Musik und bin von den österreichischen Weisen entzückt. Der Wert österreichischer Musik ist mir bekannt. Ich spielte schon als kleiner Junge in einem Schulorchester Violine."

Der letzte Konferenztag brachte eine Parade der österreichischen Pfadfinder. Fürsterzbischof Kardinal Piffl zelebrierte den Festgottesdienst. In Erwartung des Bundespräsidenten trafen sich der Weltpfadfinderführer und der große Kirchenfürst Österreichs. Es war reizend anzusehen, wie nett und heiter sie sich unterhielten und nicht von ungefähr sagte damals Österreichs Eminenz: "Ich bin überzeugt, dass die Pfadfinderbewegung der größte und wichtigste Faktor in der modernen Jugendbewegung ist, auch wenn sie heute noch selbst von katholischer Seite oft belächelt wird."

Als der Bundespräsident Wilhelm M i k l a s den Paradeplatz erreichte, wurde die österreichische Hymne intoniert. Entzückt hörte Baden-Powell zu und sagte schnell, ehe er dem Bundespräsidenten entgegen ging: "Ich bin glücklich, dass Österreich dieses wunderschöne Lied behielt". Wenige Augenblicke später empfing er die höchste Auszeichnung, die der österreichische Staat damals zu vergeben hatte.

Für mich war es ein Vergnügen, Baden-Powells englisch gehaltene Rede an die Pfadfinder Österreichs, übersetzt in Kurzschrift niederzuschreiben und dann gleich vom Blatt weg deutsch in das Mikrophon zu sprechen. Ich habe noch keinen Engländer so deutlich und so schön sprechen gehört. Dazu bedurfte BiPi‘s Stimme keiner künstlichen Hilfe. Sie erreichte auch in der größten Arena den entferntesten Pfadfinder.

Am meisten aber freute mich damals das Urteil des Bundespräsidenten, der aus seiner Menschenkenntnis heraus sagte: "Ihn zeichnet natürliche Einfachheit aus, wie alle großen Männer".